«Schmuck, Prothesen oder gar ganze Häuser aus dem 3D-Drucker»

«Schmuck, Prothesen oder gar ganze Häuser aus dem 3D-Drucker»

Die 3D-Printing-Technologie hat sich längst etabliert und zeigt sich im Zuge von Industrie 4.0 als eigentliche Schlüsseltechnologie. Was mit additiver Fertigung alles möglich ist, erfuhren Interessierte aus den Reihen des EMBA Alumni UZH bei einem Augenschein im auf 3D-Printing und 3D-Scanning spezialisierten Zürcher Unternehmen 3D-Model AG.

Hat da Philipp Binkert, Mitbegründer der an der Marmorgasse 9 in Zürich domizilierten Firma 3D-Model AG, bei seinen Ausführungen nicht eben gesagt, dass in China längst ganze Häuser im 3D-Druck-Verfahren produziert werden? Es war kein Verhörer. Spätestens dann, als der rund 40-köpfigen Besuchergruppe aus den Reihen des EMBA Alumni UZH die mutmasslich unbegrenzten Möglichkeiten dieser Technologie aufgezeigt wurden, zweifelte niemand mehr daran, dass im 3D-Druckverfahren Möbel oder sogar Häuser produziert werden können. Und mit Blick in die Zukunft der rasant vor sich gehenden Entwicklungen: Werden Menschen allenfalls gar in einem künftigen neuen Lebensraum Weltraum ihre wichtigsten Dinge drucken können?

Schicht um Schicht zum Produkt
Die Räumlichkeiten an der Marmorgasse 9 mitten in Zürich strahlen nicht unbedingt den Touch einer Industriehalle aus. Dennoch wird auf eher bescheidenen Platzverhältnissen fleissig produziert. Einem 3D-Drucker in einer Ecke des Raumes ist ein Surren zuzuordnen, das Gerät stellt in diesen Momenten einen Gegenstand her. Der Laserknopf trägt Schicht um Schicht Material auf, das dreidimensionale Ding nimmt allmählich Form an. „Dies kann mehrere Stunden dauern“, erklärt Burkert. Je nach Komplexität der Konstruktion eines Gegenstandes dauert der Druckprozess länger oder weniger lang. 3D-Drucker der heutigen Generation sind fähig, selbst ineinander greifende Zahnräder, also bewegliche Teile, zu produzieren. Man staunt.

Im Raum nebenan sind vier Arbeitsplätze mit Computern eingerichtet. Hier scheint der kreative Part untergebracht zu sein. Oder eben auch die Vorstufe zur Produktion. Ein Mitarbeiter ist damit beschäftigt, einen Schuh zu scannen. Die dann zusammengefügten und bearbeiteten Daten ermöglichen es später, in einem Drucker den perfekt sitzenden und auch stylisch persönlich geprägten Schuh auszudrucken. „Wir wissen doch alle, dass schöne Produkte, eben auch Schuhe, oft Schmerzen bereiten“, erklärt Phil Binkert und zieht Geschäftspartnerin Christiane Fimpel in die Diskussion mit ein.

Modelle drucken statt basteln
Der Mitinhaber von 3D-Model AG bringt einen Background als Architekt mit. Er erläutert dem Publikum an diesem Abend, dass diese Tätigkeit seinen Zugang zur 3D-Technologie beschleunigt habe. „Ich habe viele Modelle gebaut und deshalb Karton geschnitten, gefaltet und geklebt. Nach dem Wochenende kam der Chef dann oft mit einer neuen Idee zu mir. Das bedeutete, nochmals Schere und Leimstift in die Hand zu nehmen“, erzählt Binkert.

Die 3D-Technologie ermögliche es auch in der Architektur, Daten so aufzubereiten, dass ganze Modelle gedruckt werden könnten – und das Wichtigste: mit wenigen Mausklicken bei Bedarf auch wieder zu ändern. Das additive Fertigungsverfahren, mit Kunststoff oder anderen für den 3D-Druck geeigneten Materialien, bedeute Zeitgewinn.

Einzelstücke oder kleine Serien – aber nicht nur
3D-Printing eigne sich insbesondere zur Fertigung von Einzelstücken, also speziellen Anfertigungen. Das könne zum Beispiel Schmuck wie Ohrringe oder Halsketten sein, aber auch spezielle Werkzeuge. Sind die Daten erst einmal eingelesen, könnten die Geräte gar kleine Serien drucken. In einzelnen Sparten, so ein Votum aus dem Kreis der Besucher, würden 3D-Drucker bereits für die Produktion grösserer Stückmengen eingesetzt.

Mit einem Blick in die Zukunft kann sich Philipp Binkert durchaus vorstellen, dass die Konsumenten die Daten gewisser Ersatzteile künftig auf Internetplattformen gleich selber runterladen könnten, um dann in den nächsten 3D-Printing-Shop zu gehen und das gewünschte Produkt drucken zu lassen. „Wieso soll es nach iTunes nicht bald auch iThings geben?“, fragte Binkert in die Runde.

In Medizin, Luftfahrt und Militär etabliert
3D-Printing hat sich gerade in Sparten wie Medizin, Luftfahrt, Militär oder in der Automobilindustrie längst etabliert. In der Medizin werden etwa Prothesen oder künstliche Gelenke längst im 3D-Druckverfahren hergestellt. Künftige Ansätze, etwa das Produzieren von ganzen Organen, werden längst nicht mehr Science-Fiction-Phantasien zugeordnet. Auch die Luftfahrt profitiert von der Herstellung von Materialien, die viel weniger Gewicht haben. Selbst im Autobau zeichnet sich eine veränderte Produktionsweise ab. Im Militärbereich könnten Ersatzteile gleich vor Ort nachproduziert werden.

Im Anschluss an diesen überaus aufschlussreichen Einblick in eine irgendwie noch nicht ganz fassbare Materie wurden die EMBA-Alumni-Angehörigen eingeladen, im gemütlichen Kreis und bei Verköstigung im eleganten Restaurant Volkshaus den Austausch zu pflegen.

Text und Fotos: Marcel Vollenweider

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