Erfolgsstory

«Der Ausbau der Strassenkapazitäten wird nötig sein.»

Stefan Holenstein – der neue Generaldirektor des Automobil Club der Schweiz ACS – im Interview mit dem Executive MBA der Universität Zürich. Der 51-jährige promovierte Jurist mit Anwaltspatent hat am 1. Februar 2014 die Leitung des ACS übernommen und wird seine vielseitigen, langjährigen beruflichen Erfahrungen und Kompetenzen für die konsequente Weiterentwicklung des über 100‘000 Mitglieder und 20 Sektionen zählenden Clubs einsetzen.

Herr Holenstein, wie sind Sie heute zur Arbeit gefahren?

Das darf ich als Strassenverbandsvertreter eigentlich fast nicht sagen: mit der Bahn! Aber die Strecke Zürich – Bern lässt sich ohne Verspätung und Stress morgens oder abends in der Regel am einfachsten auf der Schiene bewältigen.

Was sind genau Ihre Hauptaufgaben beim ACS?

Die operative Führungsverantwortung über den gesamtschweizerischen Verband, Entwicklung und Umsetzung der strategischen Ausrichtung nach den Vorgaben des Verwaltungsrats, Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebots und des Produktportfolios, verkehrspolitische Interessenvertretung und Beeinflussung der nationalen Verkehrspolitik – also Lobbying – in Bern sowie die unmissverständliche Positionierung des ACS in den Medien und der Öffentlichkeit gegenüber.

Was zeichnet für Sie den besonderen Reiz Ihrer neuen Aufgabe als Generaldirektor des ACS aus?

Der ACS verkörpert eine traditionelle, bedeutende verkehrspolitische Stimme in Bern, die viel zum individuellen Grundbedürfnis „Mobilität“ zu sagen hat. In meiner neuen Funktion reizen mich v. a. die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten an der Schnittstelle von Interessenvertretung, Wirtschaft und Politik sowie die anspruchsvolle Führungsverantwortung auf den verschiedenen Ebenen zu.

Wie gehen Sie an Ihre neue Aufgabe heran?

Als Generaldirektor ACS bin ich quasi der operative Taktgeber in der Neuausrichtung des Verbands. Zuerst gilt es, eine saubere Lagebeurteilung bzw. eine SWOT-Analyse des Ist-Zustandes vorzunehmen, um so den Handlungsbedarf zu erkennen und mögliche Massnahmen und Konsequenzen abzuleiten sowie die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Wichtig ist dabei immer auch der intensive und professionelle Austausch mit den Sektionen, mithin die Berücksichtigung der föderalistischen Grundstruktur.

Inwiefern war Ihr Executive MBA Studium für den Erfolg Ihrer Kandidatur beim ACS bedeutsam?

Das EMBA-Studium spielte eine sehr wichtige, ja mitentscheidende Rolle.

Welche Gründe haben Sie dazu bewogen, Ihr Executive MBA Studium an der Universität Zürich zu absolvieren?

Da gibt es einige Pluspunkte, die das EMBA Zürich zu bieten hat: Die Ausrichtung auf General und Intercultural Management hat mir gefallen und tut es immer noch; die ausgezeichnete Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis ebenfalls. Die international renommierten Dozenten und der Standort Zürich haben das Ihre zu meiner Entscheidung beigetragen. Und schliesslich: der Branchen- und Klassenmix und der Kursmodus mit drei Ausbildungstagen alle zwei Wochen. Dies ist für mich am besten mit dem beruflichen Alltag zu vereinbaren.

Was zeichnet für Sie den Nutzen Ihres Executive MBA Studiums aus, wenn Sie an Ihr Tagesgeschäft denken?

Der Nutzen ist für mich vor allem dort sehr gross, wo ich meine Lücken dank der EMBA-Ausbildung schliessen konnte, so etwa in den Bereichen Corporate Finance, Financial Accounting, Value Based Management oder Strategic Management. Zudem trieb mich das EMBA an, mich auch auf Neues, bisher Unbekanntes zu fokussieren und so den holistischen Blick über die Gesamtorganisation zu schärfen.

Als hochrangiger Vertreter eines bedeutenden Schweizer Verbandes müssen Sie sich auf politischem Parkett diplomatisch geschickt bewegen können. Wurden Ihnen die entsprechenden Kommunikationsfähigkeiten in die Wiege gelegt oder haben Sie diese erlernt?

Verhandlungsgeschick und kompetentes, auch mediengewandtes Auftreten sind in der Tat nicht unerheblich. Einiges habe ich wohl mitgebracht, das meiste aber ist Training und nochmals Training, die dann in Erfahrung übergeht, sei es im Job im Sinne des «Learning by doing» oder sei es durch spezifische Ausbildung, wie z. B. im entsprechenden EMBA-Modul.

Gemäss Bundesamt für Statistik sind drei Viertel aller registrierten Staustunden auf Verkehrsüberlastung zurückzuführen. Vor 20 Jahren lag die Anzahl Staustunden wegen Verkehrsüberlastung bei rund 1000, 2013 bei über 20‘000 Staustunden. Was sind Ihre Empfehlungen, um die Verkehrsüberlastung zu lösen?

Nötig ist vor allem ein Ausbau der Strassenkapazitäten. Denn die Strasse wickelt mit rund 80 Prozent den weitaus grössten Anteil des schweizerischen Verkehrsaufkommens und somit ein Mehrfaches des Schienenverkehrs ab. Kapazitätserweiterungen, insbesondere auf den Nationalstrassen, sind deshalb unumgänglich.

Das dürfte teuer werden… Stichwort Verursacherprinzip: Beispielsweise in Singapur braucht man bereits heute eine Erlaubnis, um überhaupt ein Auto kaufen zu dürfen. Ist Autofahren in der Schweiz heute nicht zu günstig? Werden wir nicht vermehrt Verkehrskosten auf den Individualverkehr abwälzen müssen, um unsere Mobilität künftig zu gewährleisten?

Sie sprechen das verursachergerechte Mobility Pricing an. Es könnte ein möglicher Weg sein, auch wenn es fraglich ist, ob die Verkehrsbelastungen dadurch substanziell abnehmen werden. Überdies ist darauf zu achten, dass keine Quersubventionierung von der Strasse zur Schiene passiert und nur ein einseitiges, auf den motorisierten Individualverkehr gültiges Mobility Pricing erfolgt.

Sie sind ein besonders innovativer Executive MBA-Absolvent. Gemeinsam mit Stefan Weiss haben Sie 2014 den Executive MBA UZH-Alumni-Preis für die innovativste Masterarbeit gewonnen. Im Rahmen Ihrer Arbeit haben Sie sich mit der Führung, Steuerung und Kontrolle von komplexen Verbänden befasst. Können Sie Ihre «Main Findings» kurz zusammenfassen?

Wir haben uns nach den Management-Wirren in bedeutenden Schweizer Verbänden wie Economiesuisse und Santésuisse mit der Frage auseinandergesetzt, wie effektive und effiziente Führung in Non-Profit-Organisationen (NPO) auszugestalten ist. Dazu haben wir die erfolgsrelevanten Faktoren herausgeschält, und zwar anhand einer empirischen Selbstevaluation der betroffenen Vorstände und Geschäftsleitungen. Verwendet haben wir das Mittel des strukturierten Interviews nach den fünf Handlungsfeldern «Führung und Strategie», «Strategie und Kultur», «Geschäftsprozesse», «Vorstandsausschüsse und Interessenkonflikte» sowie «Rollenverständnis und Selbstevaluation». Daraus haben wir dann konkrete Empfehlungen bzw. Handlungsanleitungen abgeleitet, die insgesamt ein plausibles Tool zur erfolgreichen Führung bzw. Good Governance eines Verbands ergeben.

Inwiefern sind die gewonnenen Erkenntnisse für das schweizerische Verbandswesen im Allgemeinen und Ihre Praxis im Besonderen relevant?

Wir haben eine klare, möglichst praxisrelevante Aufgabenteilung zwischen dem meist ehrenamtlichen Vorstand und der professionellen – sprich: salarierten Geschäftsführung – vorgenommen. Damit und unter Einbezug der Qualität von deren Zusammenarbeit kann eindeutig ein positiver Einfluss auf die Führung, Positionierung, das Image und letztlich den Erfolg des Verbands ausgeübt werden. Es ging uns darum aufzuzeigen, wie sich zum einen die Governance-Mechanismen von Verbänden vereinfachen und verfeinern lassen, und die Performance sich andererseits messbar steigern lässt. Ich kann übrigens die gewonnenen Erkenntnisse hier beim ACS im Massstab 1:1 anwenden und «ausexerzieren».

Gerne möchte ich Sie um ein paar Tipps für Leserinnen und Leser bitten. Welche drei Skills sind aus Ihrer Sicht für eine erfolgreiche Karriere im Verbandswesen unumgänglich, welche drei Eigenschaften sind absolute Karrierekiller?

Unumgänglich sind Führungskompetenz, Durchsetzungs- und Umsetzungsstärke sowie geschicktes, pro-aktives Beziehungsmanagement mit den Mitgliedern und Sektionen.

Karrierekiller sind: Verletzung des Gleichbehandlungsgebots, Klima des Misstrauens und der mangelnden Feedback-Kultur und die Verletzung von klar definierten Spielregeln und des vereinbarten Rollenverständnisses.

Wie sieht die schweizerische Verkehrssituation in 20 Jahren aus?

Schwierig. Noch mehr Stau, wenn jetzt nicht die Weichen für eine faire Verkehrspolitik gestellt und für bauliche Massnahmen gestellt werden.

Herr Holenstein, herzlichen Dank für das Gespräch. Im Namen des EMBA wünsche ich Ihnen und Ihrem Team viel Erfolg.

Das Interview mit Dr. Stefan Holenstein führte Christian Rosser.

http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/00/10/blank/ind44.indicator.30090101.4405.html

Alle News

Follow us on the social networks…
This website uses cookies. By using this website you are agreeing to the use of cookies. Data Protection Statement
Accept