«FIFA: steuerbefreites „Unternehmen“ im Reformprozess»

Zuerich, 26.6.2010. Sport, Fussball, FIFA. Home of FIFA, Hauptsitz der FIFA © foto-net / Kurt Schorrer

Interessanter, aufschlussreicher Einblick für rund 40 Teilnehmende aus den Reihen der Vereinigung EMBA Alumni der Universität Zürich: Ein Besuch beim Weltfussballverband FIFA gab Erkenntnisse über die wesentlichen Tätigkeiten der Organisation einerseits, über die abgeschlossenen und noch laufenden Reformmassnahmen andererseits. Die Manager nahmen Notiz davon, dass die FIFA mit Reformen im Bereich Governance an ihrem teils ramponierten Image Kurskorrekturen vornimmt.

FIFA steht für Fédération Internationale de Football Association und hat ihren Hauptsitz hoch über den Dächern von Zürich. An der FIFA-Strasse 20, unweit des Zürcher Zoos, steht seit einigen Jahren das beeindruckende Gebäude, welches mit Baumaterial aus allen Teilen der Welt erbaut worden ist. Ein Prachtsbau, der von der Schweizer Architektin Tilla Theus aufgrund der Bauvorschriften nur mit zwei Geschossen über Boden konzipiert worden ist, dafür aber mit vier Etagen ins Erdreich rein.

Stetiges Wachstum
Die FIFA sei 1904 als Verein des schweizerischen Rechts gegründet worden. „Es ging der damaligen Organisation darum, den Fussballsport zu gestalten“, betonte Alexander Koch von der Fifa-Kommunikationsabteilung eingangs seines Referates. Obwohl England als das Mutterland des Fussballs galt, hätten die Engländer in der neuen Organisation keinen Sinn gesehen. „Dennoch war es wichtig, sich mit dem Schutz und der Entwicklung des Spiels, der weltweiten Promotion, den Spielregeln und mit internationalen Wettbewerben zu befassen“, sagte Koch.

Mittlerweile zählt der Weltfussballverband 211 Landesverbände als Mitglieder. Diese stammen aus total sechs Konföderationen – Europa mit der UEFA ist die eine davon. Auch bezüglich Anzahl Mitarbeitende hat die FIFA eine enorme Entwicklung hinter sich: Von einst elf Mitarbeitenden im WM-Jahr 1974 – „Sepp Blatter war dann der zwölfte“, führte Koch aus – habe sich der Staff bis 1978 auf 70 Mitarbeiter vergrössert. Heute zählt die FIFA bereits 450 Angestellte. Diese rekrutieren sich aus 45 Nationen und sind im Schnitt 39 Jahre alt. Bemerkenswert, dass sich in einer vermeintlichen Männerdomäne der Frauenanteil auf 42 Prozent beläuft.

Geldmaschine Weltmeisterschaft
„Es hat rund 70 Jahre gedauert, bis auch Geld in den Sport gelangte“, betonte Koch. Die Sportvermarktung habe erst mit der Möglichkeit von Fernsehübertragungen Schwung aufgenommen. Die FIFA ist aufgrund dieser Entwicklung längst zu einem Verein mit finanzieller Durchschlagskraft geworden. Die eigentliche Geldmaschine sei die alle vier Jahre stattfindende Fussballweltmeisterschaft. Damit verdiene die FIFA Milliarden, nicht zuletzt dank der Vermarktung von TV-Rechten und Marketing. „Die FIFA gibt aber auch jeden Tag rund 1,5 Millionen Dollar für die Organisation der nächsten Weltmeisterschaft aus“, räumte der Referent ein.

Im Grundsatz komme der wirtschaftliche Erfolg allen 211 Mitgliedsverbänden zugute. Auch die Stadt Zürich profitiere davon, dass der Hauptsitz des wohl mächtigsten Sportverbandes weltweit in der Schweiz liege. Ein Votant aus den Reihen der Besucher äusserte sein Unverständnis darüber, dass die FIFA quasi ein „steuerbefreites Unternehmen“ sei. FIFA-Mann Koch betonte, dass der Weltfussballverband der Stadt Zürich auf freiwilliger Basis jährlich 18 Millionen Franken vergüte. „Es wäre doch unsinnig, wenn weiteres Geld nicht wichtigen Fussball-Entwicklungsprojekten zugute kommen würde“, sagte Koch.

Im Übrigen würden derzeit rund 70 der 211 Landesverbände keine Zahlungen erhalten, weil die Strukturen im Land und im Verband nicht stimmten.

Prozess der Imagekorrektur läuft
Die FIFA ist in den letzten Monaten und Jahren wegen mutmasslich undurchsichtiger Machenschaften wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Alexander Koch legte dar, dass entgegen dem Bild, welches gerne in den Medien vermittelt worden sei, die FIFA nicht in Alleinherrschaft geführt werde. „Um Entscheidungen zu treffen, gibt es die Jahreshauptversammlung, an welcher sämtliche Landesverbände Stimmrecht haben“, betonte er.

Der FIFA-Hauptsitz in Zürich sei alleine für die Administration zuständig und setze seine Ressourcen für die Entwicklung des Spiels ein. Es gelte zudem, die Welt mit dem Fussballsport zu berühren und in vielen Ländern die Voraussetzungen zu schaffen, um eine bessere Zukunft zu gestalten.

Im Bereich der Good Governance habe die FIFA seit 1998 regelmässig Verbesserungen vorgenommen. Weitere Reformwellen seien in den vergangenen Jahren eingeleitet worden. „Wir müssen uns aber, wie dies auch anderen grossen Verbänden so ergeht, bewusst sein, dass wir als Organisation immer wieder Anlass zu Kritik geben werden. Es ist nun einfach mal so, dass sich vor allem politische Einflüsse nie ganz unterbinden lassen“, betonte Koch.

Im Anschluss an diesen aufschlussreichen Austausch im FIFA-Auditorium begab sich die Alumni-Gesellschaft auf einen Rundgang durch das FIFA-Gebäude. Bei einer „spaghettata“ im nahen italienischen Speiselokal Dieci alla zoo konnten die gewonnenen Eindrücke gemeinsam verarbeitet werden.

Text und Fotos: Marcel Vollenweider

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